Donnerstag, 29. Juli 2010

Virtuelle Intelligenz?

Heute habe ich das frustrierendste Beratrungsgespräch meines Lebens geführt, und zwar mit Eva, der virtuellen Beraterin von paypal.
Wegen eines zurückgegeben ebay-Artikels hatte ich eine Gutschrift erhalten, aber anstatt das Geld zurück auf mein Konto zu überweisen, hat paypal es behalten und weist es mir als Paypal-Guthaben aus. Ich wollte wissen was los ist und wie ich mein Geld zurück auf mein Konto kriege:

Hallo! Ich bin Eva, Ihre virtuelle Beraterin und stehe Ihnen bei Fragen rund um PayPal gerne zur Verfügung. Wie kann ich Ihnen helfen?
Sie: hallo
Eva: Hallo! Wie kann ich Ihnen behilflich sein?
Sie: ich habe am 1. Juli eine Gutschrift erhalten
Eva: Meinten Sie:
- Wie kann ich eine Zahlung empfangen?
- Wie kann ich Zahlungen mit meinem Geschäftskonto empfangen?
- Wie bestelle ich den Sicherheitsschlüssel?
- Wie kann ich Zahlungen erhalten, wenn ich kein Privatkonto habe?
- Wie kann ich Geld aus dem Ausland empfangen?
Sie: nein
Eva: Schade, dass keine Option auf Sie zutrifft. Könnten Sie Ihr Problem bitte einfacher formulieren?
Sie: meine gutschrift
Eva: Meinten Sie:
- Bitte erklären Sie, wie ich mein PayPal-Konto verifizieren kann.
Sie:nein
Eva: Schade, dass keine Option auf Sie zutrifft. Könnten Sie Ihr Problem bitte einfacher formulieren?
Sie: du bist eine dumme maschine
Eva: Ich möchte keine Belästigungen oder freche Anspielungen hören. Erklären Sie mir Ihr Paypal Problem und ich werde versuchen Ihnen weiterzuhelfen.
Sie: also
Eva: Können Sie Ihre Anfrage bitte umformulieren?
Sie: das versuche ich ja gerade
Eva: Ich höre Ihnen zu.
Sie: ich habe eine gutschrift erhalten
Eva: Meinten Sie:
- Wie kann ich eine Zahlung empfangen?
- Wie kann ich Zahlungen mit meinem Geschäftskonto empfangen?
- Wie bestelle ich den Sicherheitsschlüssel?
- Wie kann ich Zahlungen erhalten, wenn ich kein Privatkonto habe?
- Wie kann ich Geld aus dem Ausland empfangen?
Sie: omg
Eva: Leider stehe ich Ihnen momentan nicht zur Verfügung...
Sie: hallo?
Eva: Hi. Wie kann ich Ihnen behilflich sein?
Sie: hallo.
Eva: Hi. Wie kann ich Ihnen behilflich sein?
Sie: mein konto hat ein gutschrift erhalten
Eva: Meinten Sie:
- Wie kann ich Zahlungen erhalten, wenn ich kein Privatkonto habe?
- Wie kann ich Zahlungen mit meinem Geschäftskonto empfangen?
- Wie kann ich eine Zahlung empfangen?
- Bitte erklären Sie, wie ich mein PayPal-Konto verifizieren kann.
- Es scheint als ob mein Bankkonto schon in einem anderen PayPal-Konto registriert wurde.
Sie: GUTSCHRIFT
Eva: Meinten Sie:
- Bitte erklären Sie, wie ich mein PayPal-Konto verifizieren kann.
Sie: GUTHABEN?
Eva: Meinten Sie:
- Was ist der Kontostand meines PayPal-Konto?
Sie: ich muss weg
Eva: Wie kann ich Ihnen behilflich sein?
Sie: vielen dank fürs gespräch
Eva: Gern geschehen. Ich helfe, wo ich kann. Wie kann ich Ihnen behilflich sein?

--- Da unterhalte ich mich doch wieder lieber mit meiner anderen dummen Freundin, der Büroklammer (die im übrigen ein Mann ist und Karl Klammer heißt).

Sonntag, 21. März 2010

P.S.: Ein analoges Relikt?

Schreibt man in der digitalen Zeit eigentlich noch PS am Ende eines Briefes (oder einer Email), wo man doch Dinge, die einem erst später einfallen, einfach und unauffällig an geeigneter Stelle einfügen kann und es meistens auch ganz selbstverständlich tut? Ich habe es jedenfalls gerade gemacht und stellte fest, dass ich es viel zu selten mache. Ab jetzt also wieder mehr PS. Für mehr Transparenz in der Textgenese!

Mittwoch, 20. Januar 2010

Frühkindliche Stigmatisierung Live

Heute Nachmittag vor einem Kindercafe (ja so etwas gibt es! Dabei sollen Kinder doch keinen Kaffee trinken!) in Friedrichshain:
Zwei Mütter, eine davon schwanger, und drei Kinder, dick angezogen.
Kind 1 (wölbt stolz den Schal unter der Jacke): "Guck mal, ich krieg auch ein Kind!"
Mutter 1: "Na Leo, das glaube ich aber nicht, dass du ein Kind kriegst!"
Mutter 2: "Du wirst vielleicht mal Vater, aber du kriegst kein Kind."

Genau. Leo kriegt also kein Kind, so viel steht schon mal fest. Aber nicht etwa, weil er erst vier Jahre alt ist, nein, sondern weil er eben ein Vater wird. Ist das nicht zum Haare ausreißen? Wollen nicht alle Eltern immer Kinder mit Phantasie? Aber so wichtig, als dass man es einmal versäumen würde, den kleinen Leo über den kleinen großen Unterschied aufzuklären, der zwischen ihm und den Kinderkriegen liegt, ist das dann wohl doch nicht. Wer weiß was alles möglich sein wird, wenn Leo erst 30 ist.

Montag, 14. Dezember 2009

Dienstag, 14. Juli 2009

My generation sucks

Beim SPIEGEL hat man mal wieder eine neue Generation ausgemacht oder herbeiphantasiert, oder sich gewünscht, oder wie auch immer. Dann hat man ihr einen Namen gegeben, der sich alliterativ aus den drei beliebtesten Worten dieser Zeit zusammensetzt: Krise (klar), Kinder (Uschi) und Wir (Papst/Weltmeister). Damit kann man schon mal einen Sommerloch-Titel füllen, aber die Freude über die Neuentdeckung nimmt kein Ende: Die "Generation die so und so und so ist, aber vor allem keine Generation sein will" wird jetzt schon seit Wochen Stück für Stück weiterverwurstet. Nach dem Titel gibt's jetzt ein Special, und nach dem Studentenpisa Umfragen über Bekenntnisse über Interviews über Psychotests über haste nicht gesehen. Da können ganze Regimenter KrisenkinderspiegelredaktionspraktikantInnen ihre Lebensläufe aufpimpen, und natürlich gibts auch schon erste Trittbrettfahrer, die sich freuen, dass sie zu einem spannenden Wir gehören. Und es ist mit dieser Generationensache wie mit Horoskopen: es ist für jeden was dabei, jeder darf mitmachen, jeder darf (muss?) dazugehören. Hmm. Jeder? Oder doch nur die KrisenkinderspiegelredaktionspraktikantInnen und ihre FreundInnen und KommilitonnInnen? Es soll ja auch in dieser Generation Menschen geben, die nicht studiert haben, Menschen gar ohne Abitur! Die gar nicht gut ausgebildet sind und kein einziges Auslandspraktikum oder -Semester gemacht haben, weil die Großküche, in die sie die Zeitarbeitsfirma gesteckt hat, und in der sie jetzt die Spülmaschine einräumen, sowas nicht anbietet. Aber die lesen ja auch nicht den SPIEGEL und schreiben keine Leserbriefe über ihr Leben. Also gibt's die ja eigentlich auch gar nicht. Die Nummer mit den Krisenkindern läuft jedenfalls so gut, die lassen wir uns nicht vermiesen. Bald gibts bestimmt auch T-Shirts und Schlüsselanhänger.

Montag, 16. März 2009

Player Piano

So hieß der erste Roman von Kurt Vonnegut, der 1952 erschien. Er spielt in einer dystopischen Zukunft, in der alle Arbeit von Maschinen getan wird und die Menschen beschäftigungslos bleiben. Das automatische Klavier ist hier ein Symbol für die mechanisierte Welt, in der die Menschen überflüssig geworden sind. Ob die Tätigkeit des Klavierspielens mit einer monotonen, fremdbestimmten und möglicherweise auch noch krankmachenden Arbeit verglichen werden kann, wie sie Menschen etwa in Fabriken oder Minen verrichten, ist fragwürdig, muss aber ein andermal diskutiert werden.
Bleiben wir aber beim automatischen Klavier. Es ist aus verschiedenen Gründen eine faszinierende Erfindung, Dystopie hin oder her: erstens sieht es so aus, als würde es von einer unsichtbaren Person gespielt werden:

Und tatsächlich ist das Abspielen der Notenrolle das Negativ des Einspielprozesses, außer dass er immer wiederholbar ist. Die unsichtbare Person ist, wenn man so will, der Geist des ursprünglichen Spielers, der sich durch das Negativ der Notenrolle re-manifestiert; das wäre zweitens. Hier wird erklärt, wie das Ein- und Abspielen bei so einem Klavier funktioniert. Es gibt inzwischen fast hundert Jahre alte Aufnahmen, in denen z.B. Scott Joplin seine eigenen Stücke eingespielt hat; wenn man sie einlegt, hört und sieht man Joplin spielen (hier, hier und hier leider nur zum anhören), aber der Träger der Musik ist nur ein Stück Lochpappe. Diese Notenrollen-Methode ist (drittens) also gleichzeitig digital und analog!
Diese Gleichzeitigkeit war es vermutlich auch, die diesen Bastler dazu animierte, auf seiner Spielkonsole diese gleichzeitig haarsträubende und umwerfende digital-digitale Joplin-Interpretation zuerstellen (ich glaube, bei 1.30 höre ich tatsächlich ein Schwein grunzen):

Oh mein Gott! Ich habe Kanzi getötet!

Heute aß ich einen Apfel. Soll ja gesund sein. Nur zum Spaß wollte ich wissen, wie weit denn dieses Früchtchen (Öbstchen?) zu mir reisen musste; jedoch enthielt der Plastikaufkleber anstatt einer Herkunftsangabe nur eine Webadresse. Heutzutage kommt ja kein Kernobst mehr ohne gescheite Webpräsenz aus. Diese Homepage ist einen Besuch allerdings wert. Denn dieser Apfel heißt nicht nur wie eine Angela Merkel-Actionfigur, er bietet auch sonst allerlei spektakuläre Lifestyle-Features:
"Kanzi ist ein erfolgreicher Apfel mit überraschend vollem Aroma. Den Kanzi umgibt etwas Mysteriöses. Wo der Kanzi genau seine Wurzeln hat, das wird uns ein Geheimnis bleiben. Wenn Sie sich oder Ihre Lieben einmal so richtig verwöhnen möchten, entscheiden Sie sich für den Kanzi. Wollen Sie diese Versuchung der Natur einmal selbst probieren oder verschenken? Fragen Sie Ihren Obsthändler nach dem Kanzi."
Was habe ich nur getan? Habe ich dem kometenhaften Aufstieg dieses erfolgreichen Apfels durch schnöden Verzehr ein jähes Ende bereitet? Die Königin, äh, Kanzlerin der Äpfel gemeuchelt? Dem geheimnisvollen rotbackigen Verführer den Garaus gemacht? Das Paradies zertrampelt?
Ich glaube, ich werde nie wieder Obst essen können. Oder nur noch Bananen.
Überigens hat dieser Apfel ganz genau so unspektakulär geschmeckt wie jeder andere Apfel aus dem Supermarkt.